Im Interview: Franz Titschenbacher

von Karl Brodschneider

Auf welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt Präsident Franz Titschenbacher bei seiner Arbeit als neuer Bauernbund-Landesobmann?

 

 

NEUES LAND: Beim Landesbauernrat kam es kürzlich zum Wechsel an der Spitze des Steirischen Bauernbundes. Sie wurden zum neuen Landesobmann gewählt. War das für Sie eine schwere Entscheidung?

Franz Titschenbacher: Es waren vor allem die Umstände, die betroffen gemacht haben, denn Hans Seitinger hat den Steirischen Bauernbund in den letzten zehn Jahren mit großem Engagement und mit Leidenschaft geführt. Ich sah es dann als Teil der gemeinsamen Verantwortung, dass ich die Führung im Bauernbund übernehme, nachdem Simone Schmiedtbauer als Landesrätin designiert worden ist, und ich freue mich auf diese schöne gemeinsame Aufgabe.

 

NL: Was ist von Ihnen als Landesobmann zu erwarten?

Titschenbacher: Mein Antrittscredo sowohl in der Landwirtschaftskammer als auch im Bauernbund ist auf eine realistische Zuversicht ausgerichtet. Wir haben sehr viele Herausforderungen zu lösen und es gibt durchaus auch viele Probleme, aber ich glaube fest daran, dass die bäuerliche Jugend, die Bäuerinnen und Bauern vieles davon zu meistern verstehen – und wir haben dabei an der Seite unserer bäuerlichen Familien zu sein.

 

Blickfeld Jugend

NL: Die Stärke des Bauernbundes ist der direkte Kontakt mit den Mitgliedern. Aber mancherorts beginnt diese Arbeit zu bröckeln. Wie kann man den schleichenden Erosionsprozess hintanhalten?

Titschenbacher: Das wird eine meiner großen Aufgaben sein. Mein Blick geht in besonderer Weise Richtung Jugend, die wir überzeugen müssen, dass wir eine starke Interessenvertretung brauchen. Als ich Anfang der 1990er-Jahre in Irdning Bauernbundobmann geworden bin, hat ein älterer Bauernvertreter in der Diskussion einen Satz gesagt, den ich mir immer merken werde: „Wer anderer wird uns nicht vertreten!“ Das kann man im übertragenen Sinn als Botschaft mitnehmen. In dem Wissen, jemand anderer wird uns nicht vertreten, möchte ich vor allem junge Menschen einladen, Verantwortung in den jeweiligen Bereichen und Ebenen zu übernehmen. Wir brauchen unsere Jugend. Die Generationen müssen zusammenwirken – auf der einen Seite mit der Erfahrung, auf der anderen Seite mit der Kraft der Jugend. Das hat den Bauernbund immer ausgezeichnet. 

 

Hauptbotschaften

NL: Sie sind in Ihrer Funktion als Landwirtschaftskammerpräsident und jetzt als Bauernbundlandesobmann sehr viel in den Gemeinden unterwegs. Was ist dabei Ihre Hauptbotschaft?

Titschenbacher: Das ist erstens der Wert der Versorgung mit eigenen Lebensmitteln. Die Corona-Krise und dann der Krieg in der Ukraine haben uns vor Augen geführt, dass wir die Speisekammer im eigenen Land erhalten und weiterentwickeln müssen. Zweitens geht es darum, dass wir der breiten Öffentlichkeit vermitteln müssen, dass man – will man die Regionalität, die regionale Versorgung und die Ernährungssouveränität erhalten – auch die Produktion ermöglichen muss. Drittens hat uns das Jahr 2023 wieder gezeigt, dass wir uns in Bezug auf den Klimawandel global in einer ganz besonderen Situation befinden. Ein Klimafolgenforscher hat das einmal so formuliert, dass die physikalischen Gesetze nicht verhandelbar sind. Insofern sind wir gut beraten, dass wir die Energiewende gemeinsam gestalten und den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter so durchführen, dass er für die Menschen auch verträglich ist. Wir müssen uns bei all dem unserer Verantwortung für die nächste und übernächste Generation bewusst sein. Gleichzeitig bin ich überzeugt: Die Land- und Forstwirtschaft wird ein ganz wichtiger, zukunftsweisender Teil der Lösung sein.

 

Stellung in der Volkspartei

NL: Welche Bedeutung hat der Steirische Bauernbund innerhalb der Steirischen Volkspartei. Finden Sie den Bauernbund in den Gremien und bei den Mandataren gut vertreten oder gibt es für Sie Begehrlichkeiten?

Titschenbacher: Wenn ich jetzt sagen würde, dass wir keine Begehrlichkeiten hätten, wäre es falsch. Aber mit dem Blick auf unsere Landeshauptleute Waltraud Klasnic, Hermann Schützenhöfer und jetzt Christopher Drexler kann ich schon sagen, dass der Bauernbund immer als ganz wesentlicher Faktor innerhalb der Volkspartei wahrgenommen worden ist. Auch jetzt haben wir gesehen, dass Landeshauptmann Christopher Drexler absolut ein offenes Ohr für die bäuerlichen Anliegen sowie für unsere Bäuerinnen und Bauern hat und an Lösungen und Antworten mitwirkt. In solch einem Dialog und einer konstruktiven Diskussion möchte ich die Anliegen unserer Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft vertreten wissen.

 

NL: Nächstes Jahr finden gleich drei großen Wahlen statt. Welche Wahl ist für die Bäuerinnen und Bauern am wichtigsten?

Titschenbacher: Grundsätzlich ist jede Wahl absolut ernst zu nehmen. Wenn unsere neue Landesrätin Simone Schmiedtbauer in den letzten vier Jahre sehr erfolgreich die Steiermark und Österreich in Brüssel auf europäischer Ebene vertreten hat, so hat man dabei doch wahrgenommen und mitnehmen müssen, wie eng europäische Fragen mit Umsetzungsmaßnahmen in den jeweiligen Mitgliedsstaaten verbunden sind. Insofern ist die Europawahl als voraussichtlich erste Wahl im Jahr 2024 absolut wichtig. Das gilt natürlich aber auch für die Nationalrats- und Landtagswahl, wo der Kontakt zwischen Abgeordneten, Bürgern und Bürgerinnen viel unmittelbarer ist. So möchte ich jetzt schon alle aus unserer großen Bauernbundfamilie herzlich einladen und ersuchen, daran mitzuwirken, dass bei den Wahlen in unserem bäuerlichen Sinne eine gute Ernte eingebracht wird und dass die steirische Land- und Forstwirtschaft auch weiterhin entsprechend in den Gremien vertreten ist. 

 

Bauernbund-Jubiläumsjahr

NL: Und nächstes Jahr feiert der Steirische Bauernbund sein 125-jähriges Bestehen. Wie soll dieses Jubiläum in der Bauernbund-Arbeit Niederschlag finden?
Titschenbacher: Einerseits geht es bei einem solchen Jubiläum um das Bewusstsein, dass der Bauernbund schon eine lange Historie hinter sich hat und Geschichte geschrieben hat. Andererseits geht es auch darum, Zukunftsthemen aufzuarbeiten und zu präsentieren. Dazu möchte ich einladen und ich bin davon überzeugt, dass die eine oder andere Veranstaltung dazu dienen wird, Antworten auf die Herausforderungen zu geben, Perspektiven zu definieren und damit Zukunft für unsere bäuerlichen Familien zu ermöglichen.

 

Beitragsfoto: Bauernbund/Arthur

 

 

 

 

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