Die Auswirkungen und politische Tragweite des Söldneraufstands in Russland können derzeit nicht einmal namhafte Russland-Innenpolitik-Experten richtig einschätzen. Was hat den Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin geritten, mit 5000 schwerbewaffneten Männern gegen Moskau zu ziehen und warum wurde dieser Marsch von russischen Einsatzkräften nicht aufgehalten? Wie stark hat Präsident Wladimir Putin das Heft noch in der Hand oder war diese Revolte schon der Anfang von seinem Ende?
Eigentlich nimmt es Wunder, dass Prigoschin noch am Leben ist. So wie dieser gefürchtete Söldner-Chef über soziale Medien in den letzten Tagen und Wochen mit der obersten Kreml-Führung umgegangen ist, hätte man schon früher sein Ende erwartet. Aber anscheinend ist er Putin und dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko noch für etwas nützlich. Schließlich kontrolliert er nach wie vor eine Gruppe von geschätzten 25.000 Männern, die kriegserprobt und zu allem bereit sind. Würde man diese Wagner-Söldner jetzt allein lassen, hätte Russland möglicherweise ein ungeahntes Sicherheitsproblem im eigenen Land.
Aufgrund der zweimaligen, kurzfristig anberaumten TV-Ansprachen von Präsident Putin dürfte die russische Bevölkerung zumindest erahnen, dass im Land ein großes Rumoren begonnen hat. Und vielleicht hat sie auch irgendwie und irgendwo Prigoschin gehört, der klar ausgesprochen hat, dass der Krieg gegen die Ukraine von Russland mutwillig vom Zaun gebrochen worden ist. Inwieweit die Ukraine von diesem Aufstand profitiert, ist völlig offen.