Gerade in der „stillen Zeit“ kann’s oft ordentlich krachen. Am Bauernhof sind Generationenkonflikte eine brisante Problemzone.
Psychologen, Lebensberatern und Helfern aller Art ist dieses Thema wohl vertraut: Zur Weihnachtszeit, wenn der Harmoniebedarf besonders groß ist, haben familiäre Konflikte Hochsaison. Es gibt eine einfache Erklärung dafür: Alles an Meinungsverschiedenheit, die man das Jahr über aus Zeit- oder sonstigen Gründen nicht anspricht, bekommt beim Zusammensein in den Tagen nach dem Heiligen Abend plötzlich eine ganz große Bühne. Besonderer Zündstoff dieser Art auf Bauernhöfen sind, so sagt Landesbäuerin Gusti Maier, Generationenkonflikte. Heiße Eisen seien, so sagt sie aus der Erfahrung zahlloser beratender Gespräche, das Abgeben von Aufgaben der älteren Generation, die Akzeptanz der angeheirateten Jungbäuerin und unterschiedliche Einschätzungen in der Alltagsarbeit. Aus ihrer Sicht zwei entscheidende Probleme dabei: Es bleibt das Jahr über zu vieles unausgesprochen („man kennt die Erwartungen des Anderen nicht“) und man tut sich im Fall des Falles sehr schwer damit, fremde Hilfe anzunehmen.
Die Landesbäuerin spricht in diesem Zusammenhang auch ganz offen bittere eigene Erfahrungen an. „Als ich den elterlichen Betrieb übernommen habe, dachte ich, ich muss 150 Prozent geben, um allen Erwartungen gerecht zu werden“, erzählt Maier. Und plötzlich sei sie dann in ein „tiefes Loch gefallen.“ Vor allem eine Erfahrung aus diesen schweren Zeiten will sie weitergeben: „Mit einer Gesprächstherapie bin ich aus dem ganzen wieder rausgekommen.“
Barbara Jennetten, Lebens- und Sozialberaterin, appelliert zunächst einmal an alle Betroffenen, Konflikte „als ganz normal“ anzusehen. Sie sieht das zweigleisige Leben am Bauernhof als wesentliche Problemzone: „Man hat Beruf und Familie zugleich, da ist es ganz natürlich, dass die Anforderungen an die Konfliktkultur sehr hoch sind“.
Toleranz und Respekt
Sehr schwierig zu bewältigen sei auch der „Rollenwechsel“ nach Hofübergaben: „Lange Zeit war man Betriebsführerin oder Betriebsführer mit großer Verantwortung. Dann darf man zwar noch mithelfen, hat aber die Entscheidungen der jungen Generation auszuführen – das fällt nicht immer leicht“. Auf der anderen Seite seien auch die Übernehmer in einer schwierigen Situation: „Sie wollen den Eltern nichts wegnehmen, tragen aber die volle Verantwortung.“ Das alles fordere, so Jennetten, „viel Toleranz und Respekt“.
Wie ein solcher Konflikt im konkreten Fall ausschauen kann, beschreibt eine Bäuerin aus der Weststeiermark: „Wir haben früh geheiratet. Es dauerte dann noch etliche Jahre, bis der Zeitpunkt kam, da wir den Betrieb übernehmen sollten. Aber die Eltern haben leider nicht losgelassen. Die Situation spitzte sich zu und ich wusste plötzlich: Ich muss mich selbst auf die Füße stellen. Ich sagte meinen Schwiegereltern, was sie am Hof tun könnten und dass mein Mann und ich und sonst keiner die Stallarbeit machen.“
Heute ist sie froh, den Mut dazu gehabt zu haben: „Die klaren Worte wirkten Wunder. Mir geht es seither sehr gut. Mir haben in dieser Zeit zum Glück auch Gespräche mit den Nachbarn großen Rückhalt gegeben. Ich kann nur jedem raten, sich nicht zurückzuziehen, sondern mit anderen zu reden.“
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