Kollektives Schaudern rund um Halloween: Was es mit dem Vergnügen am Horror auf sich hat und warum Angst nicht gleich Angst ist.
Wandelnde Tote, gruselige Gespenster, Dämonen allerorts: Jedes Jahr rund um Halloween hat bei uns das Unheimliche Saison. Warum Horror zum Kassenschlager wird, hat Robert Queissner von der Klinischen Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin der Med Uni Graz analysiert.
Das Gruselfest ist erst vor relativ kurzer Zeit über den Atlantik nach Europa geschwappt. Mittlerweile gehört es vor allem bei der jüngeren Generation fix dazu. Was wir sonst eher zu vermeiden versuchen, steht im Mittelpunkt: Furcht, Angst und Ekel. Die Lust daran scheint auf den ersten Blick widersprüchlich zu sein. Tatsache ist, dass man die körperliche Reaktion, die durch das „emotionale Programm“ Angst hervorgerufen wird – die Freisetzung von Stresshormonen – mit einer Art „Rausch“-Erleben gleichsetzen kann.
Mit Angst besetzt
„Wir sehen ähnliche Phänomene bei der Ausübung von Extremsportarten. Hier werden in einem sicheren Rahmen gezielt Situationen erzeugt, die unsere Psyche massiv unter Stress setzen und entsprechende Reaktionen provozieren“, erklärt Queissner. Zu Halloween geht es aber auch um eine persönliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Tod. Es ist ein Thema, das für jeden von uns, bewusst oder unbewusst, am meisten mit Angst besetzt ist.
Wo liegt die Verwandtschaft zwischen Tod und Angst? „Sie liegt in der ursprünglichsten Funktion der Emotion Angst. Bei allen höheren Säugetieren zeigt sie sich in unterschiedlicher Ausprägung – mit dem Sinn, vor potenziellen Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen. Beim Menschen reduziert sich die Angst aber nicht nur darauf. Sie hat Einfluss auf unser soziokulturelles Handeln“, so der Experte.
Das Fest Halloween geht wahrscheinlich auf das keltische Samhainfest wie auch auf die Walpurgisnacht und sogenannte Heischebräuche zurück. Der gemeinsame Nenner ist die Furcht vor einer Bedrohung, die unser Leben oder das unserer Lieben verändern oder beenden kann. „Dieser Sachverhalt wird durch die Ausübung kultischer Handlungen auf magischen Wegen abgewendet“, so Queissner. Die Kostümierung dient dazu, die Angst zu verdrängen und die Bedrohung als kontrollierbar zu erleben.
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