„Böser“ Gefährte

von NEUES LAND

Nikolaus und Krampus: über den Wert des Brauchtums, das wichtige Wir-Gefühl und die Frage, wie zeitgemäß ein „böser“ Gehilfe in der Erziehung ist.

Bevor sich der Winter zur Zeit der Besinnlichkeit wandelt, wird es gruselig. Krampus und Nikolaus ziehen durch die Häuser, um Kinder zu belohnen und ihnen auch Schrecken einzujagen. Immerhin soll der Krampus böse Kinder bestrafen, sie mit seiner Rute schlagen oder sogar entführen.

Fragwürdig ist, wie sinnvoll eine Liste an gutem und schlechtem Verhalten ist, konstatiert Jolana Wagner-Skacel, Professorin für medizinische Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Med Uni Graz. Gerade für ein Kind ist ein Jahr eine lange Zeit. Eventuell kann es sich gar nicht mehr daran erinnern, wofür es bestraft wird. Kinder können sich von Eltern betrogen fühlen, immerhin haben sie dem Krampus vom Fehlverhalten erzählt und liefern die Kleinen aus. Das Selbstbewusstsein und das Verhältnis zu den Eltern können beschädigt und Ängste aktiviert werden.

Zunehmende Gewalt

Zusätzlich steht die zunehmende Gewalt bei Krampus- und Perchtenläufen im Fokus. Ohne Zweifel ist die Wichtigkeit der Tradition hervorzustreichen. Sie gibt ein „Wir-Gefühl“ und hilft, Familie und Umfeld zu verbinden. „Im Zusammenleben und gemeinsamen Feiern werden Tugenden wie Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft und Tapferkeit ausgebildet. Es geht auch um Fragen der Selbstfürsorge, Selbstachtsamkeit und spiritueller Dimensionen können habitualisiert werden. Wir lernen voneinander und miteinander“, so Wagner-Skacel.

Schutz durch Nikolaus

„In Bad Aussee feierten wir jährlich das Nikolausfest mit befreundeten Familien und Kindern. Im Mittelpunkt lag die Vorfreude, aber auch die Aufregung vor den wilden Krampussen, dem Grasteufel und dem Gankerl. Diese wurden aber immer aufs Neue vom Nikolaus zu Gehorsam gebracht. Der Schutz vom Nikolaus überwog und gleichzeitig fand eine Auseinandersetzung mit Angst und Aggression statt“, fasst sie eigene Erfahrungen zusammen.

So wichtig das Brauchtum ist, so gibt es zu beachten, dass es sich verändert. Früher war der Krampus stets ein Begleiter vom Nikolaus. Symbolisch wurde so signalisiert, dass das Gute immer über das Böse gewinnt, da der Krampus letzten Endes dem Nikolaus zu gehorchen hat. Zunehmend hat sich der böse Geselle aber weiter davon entfernt und ist mittlerweile oft auch solo unterwegs.

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