Die steirische „Wolfs-Verordnung“ liegt vor und wird in der nächsten Regierungssitzung beschlossen. Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte?
Nach einer vierwöchigen Begutachtungsphase und der Sichtung beziehungsweise Einarbeitung von rund 40 eingelangten Stellungnahmen liegt die steirische „Wolfs-Verordnung“ jetzt vor. Sie soll in der Regierungssitzung am nächsten Donnerstag, dem 7. Dezember, beschlossen werden. Die Verordnung regelt, unter welchen Umständen Wölfe verscheucht, vergrämt oder erlegt werden dürfen.
Bezüglich der Frage, wann ein Wolf erlegt werden darf, werden die zwei Begriffsdefinitionen „Risikowolf“ und „Schadwolf“ verwendet.
Risikowolf
- Wolf dringt in bewohnte Gebäude beziehungsweise an ein Gehöft angeschlossene Stallungen ein (ohne Menschenkontakt).
- Wolf mit auffälligem beziehungsweise kritischem Verhalten zeigt keinen Lerneffekt auf mehrfache Vergrämungsmaßnahmen.
- Wolf verfolgt Mensch oder Mensch mit Hund in Leinendistanz, verhält sich nicht aggressiv.
- Wolf verhält sich gegenüber dem Menschen ohne ersichtlichen Grund aggressiv.
- Wolf nähert sich Mensch mit Hund in Leinendistanz und verhält sich aggressiv.
Schadwolf
- Wolf überwindet innerhalb von vier Wochen mehrmalig sachgerechten Herdenschutz und verletzt und/oder tötet nachweislich ein oder mehrere Nutztiere.
Ob die Voraussetzungen erfüllt werden, wird im Zuge einer Prüfung festgestellt, an der Amtssachverständige für Naturschutz und für Wildökologie beteiligt sind. Bei einem entsprechenden Ergebnis ist das Erlegen eines Wolfes zulässig:
- innerhalb von vier Wochen nach dem letzten Vorfall,
- in einem Radius von zehn Kilometern um den letzten Vorfall,
- wenn der Wolf individuell identifizierbar ist oder das gefährliche Verhalten zwar keinem bestimmten Wolf zugeordnet werden kann, aber aufgrund des räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges der Sichtungs- beziehungsweise Aufenthaltsorte davon auszugehen ist, dass es sich um diesen Wolf handelt und es keine Hinweise auf einen anderen Wolf gibt.
Herdenschutzmaßnahmen
Je nach Art der Weiden (zum Beispiel Hut- und Dauerweiden, Mähweiden, Almweiden) kommen unterschiedliche zielführende und machbare Herdenschutzmaßnahmen zur Minimierung des Risikos von Wolfsangriffen in Frage, wie zum Beispiel Schutzzäune, Behirtung oder alternatives Herdenmanagement. Die Sinnhaftigkeit beziehungsweise Machbarkeit der Zäunung aufgrund topographischer Gegebenheiten wird im Zuge einer Beratung beziehungsweise Überprüfung durch Sachverständige beurteilt.
Zusätzlich zu dieser Beratung gibt es noch weitere Unterstützungsangebote für betroffene Landwirte. Bei der Errichtung von Zäunen kann im Anlassfall ein Notfallteam vom Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs eingesetzt werden. Das Agrarressort des Landes hat eine Ankaufsförderung für Herdenschutzmaßnahmen initiiert. Darüber hinaus hat das Land Steiermark eine Versicherung abgeschlossen, die betroffene Tierhalter für die Schäden durch Wolfsrisse entschädigt. Abhängig von der jeweiligen Tierart wurden gemeinsam mit Vertretern von Tierzuchtverbänden und der Landwirtschaftskammer festgelegte Entschädigungssummen vereinbart. Diese werden regelmäßig angepasst.
Vorfälle werden dokumentiert
Begleitet werden die neuen Regelungen von einer umfangreichen Dokumentation. So sind sämtliche Vorfälle in Zusammenhang mit Wölfen – angefangen von der Sichtung bis hin zur Erlegung – unverzüglich zu melden und tote Wölfe zur Beweissicherung und Untersuchung an eine von der Landesregierung beauftragte Einrichtung zu übergeben.
Naturschutzlandesrätin Ursula Lackner erklärt: „Mit der nun vorliegenden Verordnung gelingt es, Wölfen mit unnatürlichem Verhalten Grenzen zu setzen – durch Herdenschutzmaßnahmen, Vergrämung bis hin zum Erlegen. Denn die Rückkehr des Wolfes in die Steiermark ist eine Herausforderung. Es gilt, die Bedürfnisse der Nutztierhaltung einerseits und den EU-weiten Schutzstatus des Wolfes andererseits zu berücksichtigen. Diese Aufgabe haben Expertinnen und Experten aus der Landwirtschaft, der Jägerschaft, des Naturschutzes und des Landes gelöst. Wesentliches Ziel der Verordnung ist es, die natürliche Scheu des Wolfes vor dem Menschen zu erhalten und gleichzeitig zu verhindern, dass es zu Übergriffen auf Nutztiere kommt.“
Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer betont: „Die Nutztiere auf unseren steirischen Almen und Weiden und unsere bäuerlichen Familienbetriebe verdienen den besten Schutz vor Raubtieren. Mit der neuen Verordnung schaffen wir endlich Maßnahmen, um – wenn nötig auch durch Entnahmen – gezielt gegen Problemwölfe vorzugehen. Ein guter Kompromiss im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern, durch den wir ab der nächsten Weidesaison eine bessere Handhabe gegen Problemwölfe gewährleisten. Letztlich ist aber auch eine Überprüfung des strengen Schutzstatus von Wölfen in Brüssel unausweichlich.“
Risszahlen 2023
Was die Risszahlen in der Steiermark betrifft, sind im heurigen Jahr bis dato 34 Tiere von Wölfen gerissen und getötet worden. Das ist im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren eine starke Zunahme. Im Jahr 2022 waren es nämlich zwei gerissene Tiere, im Jahr 2021 zehn, im Jahr 2020 immerhin 24 und im Jahr 2019 fünf.