Die Küniglberg-Bäuerin

von NEUES LAND

Eine steirische Bäuerin mischte an vorderster Front beim ORF in Wien mit. Nun zieht sie für NEUES Land zum Abschied Bilanz.

Bernadette Tischler aus Deutsch Goritz ist eine vielseitige Frau: Bäuerin in einem typischen Familienbetrieb, Mutter von drei Kindern, Moderatorin und Trainerin in der Erwachsenenbildung. Auf höchst ungewöhnlichen Wegen schrieb sie Mediengeschichte in Österreich: Bei den letzten Wahlen zum ORF-Publikumsrat katapultierte sich Tischler mit unglaublichen 73.500 Stimmen in dieses Gremium und ließ klingende Namen weit hinter sich. Doch damit nicht genug: Sie wurde auch in den Stiftungsbeirat bestellt, der etwa dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft entspricht. Und sie verschaffte sich da wie dort sehr rasch Sympathien, aber auch Respekt. So beispielsweise damit, dass ausgerechnet die Bäuerin aus der Südsteiermark im größten Medienhaus des Landes eine mediale Revolution durchgesetzt hat: Sie wollte aufgrund ihrer weiten Anreise – was in großen Unternehmen längst üblich ist – über …….. Skype an einer Ausschusssitzung teilnehmen. Dieser Vorschlag sorgte zunächst für gehörige Aufregung, sogar die technische Direktion des ORF musste eingebunden werden, aber schließlich hat’s geklappt. Bernadette Tischler durfte ihre Kolleginnen und Kollegen von einer großen Leinwand anlächeln. Was natürlich ewig in Erinnerung bleiben wird.

Nun ist die Funktionsperiode zu Ende gegangen und auch die Wahl, die diese Überraschung ermöglicht hatte, wurde inzwischen abgeschafft. Für Bernadette Tischler ist es Zeit, zurück zu blicken. Worauf ist sie am meisten stolz? „Dass in diesen Gremien noch nie zuvor so viel über Landwirtschaft gesprochen worden ist!“ Und was ist ihre wichtigste Erfahrung? „Dass die Menschen in der Bundeshauptstadt leider nur sehr wenig über die Landwirtschaft wissen. Manchmal hab’ ich mich so richtig exotisch gefühlt.“ So etwa, als eine Dame ganz aufgeregt feststellte: „Was, sie sind eine Bäuerin? Gehen sie auch in den Stall und ziehen sie sich dabei ein Dirndl an?“ Diese Erkenntnis verknüpft Tischler auch mit einem Vorschlag: „Wir müssen verstärkt Brücken zu den vielen Menschen bauen, die keine Ahnung von Landwirtschaft haben, wir müssen uns verständlicher machen. Alle sagen, wir machen eh soviel, aber ich behaupte, es ist immer noch zu wenig. Wir sind gefordert, ein reales Bild von der Landwirtschaft zu vermitteln und nicht zuzulassen, dass die lila Kühe und die sprechenden Schweinderln die stärksten Eindrücke sind.“Wie das gelingen könnte? Die Bäuerlichkeit könnte in der Bundeshauptstadt so etwas wie eine Botschafterin bzw. einen Botschafter brauchen, meint die ausgebildete Pädagogin. Wobei sie Wert auf die Feststellung legt, dass sie selbst für eine solche Aufgabe nicht zur Verfügung stünde. Vom Aufwand her betrachtet waren die vier Jahre im ORF für die Steirerin nicht gerade einfach. Rund 50 Mal ist sie um 4.40 Uhr in der Früh in Spielfeld in den Zug gestiegen, um rechtzeitig bei den Sitzungen in Wien zu sein. Die unzähligen Kontakte mit Bürgerinnen und Bürgern, die bei ihr Ärger los werden wollten, waren auch nicht immer ganz ohne. So hagelte es beispielsweise besonders häufig Kritik an der TV-Sendung „Bauer sucht Frau“, die gar nicht zum ORF-Programm zählt. Die zahllosen ehrenamtlichen Arbeitsstunden hat Bernadette Tischler genauso wenig gezählt, wie die vielen Einladungen zu Veranstaltungen aller Art, wo sie plötzlich zu einem heiß begehrten Gast geworden ist. Auf diese Idee wäre sie nie gekommen, sagt sie. Denn: „Es hat mir Freude gemacht und es war eine unglaubliche Lebenserfahrung.”

 

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