Aberglaube in Verbindung mit Tieren ist uralt. Zumindest so alt, dass wir den Ursprung verschiedener Formen nicht mehr ergründen können. So manches wird noch heute geglaubt, zum Beispiel, dass eine schwarze Katze vor uns nicht über den Weg rennen soll, weil sie Unglück bringt. Von Herbert Blatnik.
Die meisten abergläubischen Meinungen können wir uns nicht erklären. Dass zum Beispiel der Storch die kleinen Kinder bringt, ist allgemein bekannt, doch warum gerade er, wissen wir nicht. Jedenfalls ist er für dieses heikle Transportgeschäft aufgrund seiner fragilen Struktur gar nicht gut geeignet. Wenn vor etlichen Jahren eine Spinne im Schlafzimmer auftauchte, konnte man vielleicht den Spruch hören: „Spinne am Abend bringt Glück und Gaben, Spinne am Morgen bringt Leid und Sorgen.“
Oder: Warum soll ein kleines Plastikschweinchen, zu Silvester verschenkt, Glück bringen? Und, wie ist das mit dem Kuckuck, was hat der mit dem Geld zu tun, warum sollte man beim ersten Kuckuckruf wenigstens ein paar Cent in der Hosentasche haben? Die Aufzählung wäre noch fortzusetzen, mit dem Marienkäfer und der Hasenpfote, die angeblich Glück bringen, mit den Schwalben, die einem Bauernhof Segen verheißen usw. Einigermaßen erklärbar ist der steirische Brauch, einem Hahn kein sechstes Lebensjahr zu vergönnen, weil in einen sechsjährigen Hahn der Teufel fährt, und der Hahn den Kindern die Augen auspeckt. Ein Bauer meinte dazu, er hätte es selbst erlebt, dass ein älterer Hahn den Altersgrant bekam und aggressiv wurde.
Eulen nach Athen tragen
Einige tierische Symbole gehen auf die griechische Mythologie zurück. So ist die Eule ein Sinnbild der Weisheit. Sie war das Lieblingstier der Pallas Athene, der Stadtgöttin Athens, die wiederum als besonders weise galt. Eulen durften in Athen nicht gejagt werden, denn ein Pfeilschuss auf das heilige Tier brachte der gesamten Bürgerschaft Athens Unglück. Aus diesem Grund vermehrten sie sich besonders stark. Daher der Spruch, „Eulen nach Athen tragen“, womit man meistens meinte, dass man jemandem kein Geld geben solle, wenn er ohnehin schon mehr als genug hatte. Dass die Mediziner und Apotheker die Äskulapnatter zu ihrem Standessymbol erklärten, ist Asklepios, dem griechischen Gott der Heilkunde, zu verdanken. So ist heute noch der von einer Schlange umwundene Äskulapstab das Symbol der Heilkunde. Im Mittelalter wurden schwarze Katzen sofort nach ihrer Geburt ertränkt. Im 16. und 17. Jahrhundert, dem Zeitalter des Hexenwahns, durfte sich keine Frau leisten, eine schwarze Katze zu halten. Diese Tiere, die am liebsten zur Nachtzeit unterwegs waren, mit leuchtenden Augen wie der Teufel, galten als „Hexentiere“. Auch in mehreren Märchenbüchern scheinen Hexen und schwarze Katzen gemeinsam auf. Ähnlich erging es einst der Fledermaus, dem nützlichen Insektenfresser. Brach vor einigen Jahrhunderten in einem Land die Pest aus, waren, wie man glaubte, auch Fledermäuse an der Verbreitung der Seuche beteiligt. Sie hatten aber schon lange davor einen schlechten Ruf, ihr lautloser Flug in den Abendstunden war den Menschen unheimlich und man verfolgte sie gezielt. Sie galten als Boten des Teufels, wie auch der Teufel oft mit Fledermausflügeln dargestellt wurde.
Die bekannteste Geschichte, in welcher der Teufel als schwarzes Tier auftrat, finden wir im Drama „Faust“ von Johann W. von Goethe. Bei einem Osterspaziergang erschien, wie aus dem Nichts, ein schwarzer Pudel an der Seite des Gelehrten Dr. Faust. Der Pudel begleitete Faust bis in sein Haus und weiter in sein Studierzimmer, wo er immer größer wurde und plötzlich als Teufel dastand. Faust rief erstaunt aus: „Das also war des Pudels Kern!“ So sagt man noch heute, um auf ein wesentliches Detail einer Sache hinzuweisen.
„Falsch wie eine Schlange“, hört man manchmal jemand sagen. Dieser Spruch beruht auf das unheilvolle Ereignis im biblischen Paradies, als sich der Teufel in Gestalt einer Schlange an Eva heranmachte und ihr einredete, sie könne trotz Gottes Verbot vom Baum der Erkenntnis einen Apfel essen. Diese Szene inspirierte viele Maler und Dichter, auch einen Grazer Humoristen: „Schade, dass Adam und Eva keine Chinesen waren, denn sie hätten dann nicht den Apfel, sondern die Schlange gegessen, und wir könnten heute noch im Paradies leben.“ Völlig unverständlich ist der Ausdruck „Rabeneltern“. Raben sind geradezu Vorbilder für die Brutpflege und kümmern sich liebevoll um ihre Nachkommen.
Nicht selten werden Tiere mit unheimlichen Ereignissen in Verbindung gebracht. So glaubte man einst, ein Waldkauz, der nachts lange Zeit schreit, kündigt einen Todesfall im Haus an. Darum nannte man ihn auch „Totenvogel“. Oder: Ein Jäger, der einen weißen Gamsbock schießt, wird das Jahresende nicht mehr erleben.
Ein steirisches Fabeltier
Ein besonders prominentestes Fabeltier war der Riesengeier von Hochschwab. Bis ungefähr 1900 erzählte man sich die schlimmsten Schauergeschichten über diesen Geier. Obwohl noch niemand einen Beweis von seiner Existenz liefern konnte, gibt es von ihm genaue Beschreibungen: Er soll an die drei Meter Flügelspannweite gemessen haben und mit unglaublicher Schnelligkeit zur Stelle gewesen sein, wenn ein Schafhirt seine Herde nicht gut beaufsichtigte.
Seinen Horst hatte er angeblich in einer Felsenhöhle nördlich des Ebensteins, wo das Gelände steil abfiel. Auch Kindern wurde er gefährlich, und mehrmals soll es vorgekommen sein, dass ein Kind in der Nähe seiner Höhle spurlos verschwand. Historiker Mag. Karl Schöberl erzählte dazu Folgendes: „So um 1930 wussten nur mehr ein paar alte Leute etwas von diesem Riesengeier zu erzählen. Aber 1942 lief in allen Kinos der Steiermark der tolle Film ‚Die Geierwally‘, mit einem großen Adler als einer der Hauptdarsteller, und schon lebten die alten Geschichten vom Riesengeier wieder auf.“
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