Die Landwirtschaftskammer kürte die Hofheldinnen und feiert sie als Vorbilder für mehr als 30.000 steirische Bäuerinnen. Einige Geehrte übernahmen schon früh die Verantwortung auf ihren Höfen.
Seit vier Jahren kürt die steirische Landwirtschaftskammer die „Hofheldinnen“ und zeichnet damit bäuerliche Unternehmerinnen für ihre Vorbildwirkung und ihre Innovationen aus. Initiiert wurde dieser Bewerb 2022 von Vizepräsidentin Maria Pein. Sie freute sich, dass es für den heurigen Durchgang schon 32 Bewerberinnen gab. Zusammen mit Landesrätin Simone Schmiedtbauer, Landesbäuerin Viktoria Brandner, Präsident Andreas Steinegger und Vorstand Oliver Kröpfl von der Steiermärkischen Sparkasse nahm sie die Ehrungen vor.
Bekannter Rinderzuchtbetrieb
In der Kategorie „Urproduktion“ ging der erste Preis an die Obersteirerin Heidi Kaufmann-Ferstl. „Man braucht heute auf einem Hof weniger körperliche Kraft, dafür mehr Hirn“, ist die 39-jährige Trofaiacherin überzeugt. Vor 21 Jahren hat die damals 18-Jährige den auf 900 Metern Seehöhe gelegenen Rinderzuchtbetrieb von ihren Eltern übernommen. Mit viel Motivation hat sich die Hofheldin in der Männerdomäne der Rinderzüchter schnell einen Namen gemacht. Und den Namen eines Ausnahme-Stiers, der aus ihrer Zucht stammt, kennt heute jeder gute Rinderzüchter im Land: „GS DER BESTE“ war über mehrere Jahre der am häufigsten eingesetzte Fleckvieh-Besamungsstier in Österreich, mit Töchtern von Peru bis Irland.

Heidi Ferstl-Kaufmann mit Präsident Andreas Steinegger, Vizepräsidentin Maria Pein und Vorstand Oliver Kröpfl von der Steiermärkischen
Ein Baustein des Erfolgs ihrer Rinderherde ist unter anderem der moderne Laufstall, den Heidi Kaufmann-Ferstl als Single im Alter von nur 23 Jahren gebaut hat. „Damals wurde ich oft gefragt, warum ich das ohne Mann mache. Würde man das einen jungen Mann auch fragen?“, erinnert sie zurück. Heute ist die Landwirtschafts-Meisterin verheiratet, zweifache Mutter, Aufsichtsratsvorsitzende der Viehzucht-Genossenschaft Leoben – aber sie vernetzt sich auch gern mit Menschen, die weniger Bezug zur Landwirtschaft haben. So werden die Nachbarn per WhatsApp-Gruppe informiert, bevor die Gülle ausgebracht wird, denn „das schafft Verständnis“. Zwischen Kühe melken, Finanzen checken, Apps bedienen, Haushalt und Care-Arbeit verkörpert die Hofheldin viele Facetten einer modernen Bäuerin – weil sie sich zwischendurch bewusst auch Zeit für Hobbys (etwa das Pferdereiten zusammen mit ihrer Tochter) nimmt und stets mutig ihrem Credo folgt: „Für Erfolg gibt es keinen Lift, du musst die Stiege nehmen.“
Bäuerin, die studiert
Auch die Zweite, Veronika Almer, ist Rinderbäuerin. Das Leben von Veronika Almer (40) verlief in der malerischen Hochebene von Rabendorf auf über 1000 Meter Seehöhe nicht immer wie im Bilderbuch. Ihr Vater saß seit einem Forstunfall im Rollstuhl, da war sie gerade erst geboren. Die Mutter übernahm die Pflege und den Hof mit dazu. 2010 folgte dann Veronika Almer als Hofübernehmerin, selbst wenn das anfangs gar nicht ihr Plan war – bis im Alter von 25 Jahren eine Erkenntnis in ihr reifte: „Die Lage des Hofs ist ein Geschenk, das man weiterführen sollte.“
Heute bewirtschaftet sie mit ihrer Mutter 13 Hektar Landwirtschaft, 16 Hektar Wald und kümmert sich um ihre 30 „ALMerOCHSEN“. Ihr Credo: „Nicht immer perfekt, aber immer mit vollem Einsatz.“ Die vielseitig engagierte Bäuerin ist nicht nur als Rinderhalterin aktiv. Sie ist beruflich Invekos-Beraterin in der Landwirtschaftskammer und nun auch Studentin für Agrar- und Umweltpädagogik. Anderen Frauen in der Landwirtschaft möchte sie Mut machen: „Man darf sich ohne Scham und Scheu Hilfe holen.“ Und damit meint sie sowohl Spezialarbeiten am Hof als auch für die mentale Gesundheit. Stets eine gute Hilfe bleibt ihr Humor. Wird sie darauf angesprochen, wie sie den Alltag am Hof ohne Mann so gut bewältigt, kontert sie wortgewandt: „Bei uns am Hof haben die Frauen das Sagen – spätestens, nachdem alle männlichen Rinder kastriert sind.“
Bei den Weizer Schafbauern
Platz drei holte sich Bernadette Pieber aus Naas. Am „Stoandl-Hof“ über der Weizklamm in Naas wachsen bei Bernadette Pieber (33) Christbäume, Jura-Schafe und 60 Freilandputen in bemerkenswertem Miteinander. Die Puten leben zwischen den Nordmanntannen, halten das Gras kurz und düngen gleich mit. Eine schöne Symbiose, die für das Wirken der Hofheldin steht. „Uns geht es darum, die Arbeitsspitzen gut übers Jahr zu verteilen“, sagt die zweifache Mutter, die den 13-Hektar-Hof mit ihrem Mann und ihren Schwiegereltern bewirtschaftet. Ihr Credo: „Ich arbeite mit ganzem Herzen, aber nicht rund um die Uhr.“
Schon mit fünf Jahren habe sie gewusst, dass sie Bäuerin werden will, doch beim Meisterkurs sei ihr klargeworden, „dass Innovation nicht von der Betriebsgröße abhängig ist“. Wachstum um jeden Preis sei nicht ihr Ziel, sondern Sinn, Nachhaltigkeit, Freude an der Arbeit. Und als Aufsichtsratschefin der Weizer Schafbauern kann sie heute nicht nur bei der Urproduktion, sondern auch bei der Vermarktung mitentscheiden. „So viele Bäuerinnen leisten so viel, doch keiner weiß es“, sagt die Hofheldin, die überzeugt ist: „Das Schöne an unserem Beruf ist das Ganzheitliche, dass man Kinder und Beruf vereinen kann.“
Die „Eisbäurin“ vom Almenland
Platz eins in der Kategorie „Diversifizierung“ ging an die 32-jährige Andrea Wiedner aus St. Kathrein am Offenegg. Schon als Kind war Andrea Wiedner diejenige, die auf ihrem Heimathof im Almenland gerufen wurde, wenn es darum ging, Kühe und Kälber wieder in die Spur zu bringen, sollten diese zwischen Stall und Weide vom richtigen Weg abgekommen sein. Sie war die erste, die erkannte, wenn es einem Tier nicht gutging.
Ein Veterinärmedizin-Studium in Wien war für die heute 32-Jährige die logische Folge, „doch die Liebe zu den Rindern und zum Zuhause war stärker“. Statt Tierärztin wurde sie Landwirtschaftsmeisterin – und trotz dreier älterer Brüder die Hofübernehmerin. „Ziel war immer, den Hof nach 45 Jahren vom Neben- wieder in den Vollerwerb zu führen.“
Gemeinsam mit ihrem Mann (er ist landwirtschaftlicher Quereinsteiger) und ihren 19 Fleckviehkühen entschied sie sich für einen völlig neuen, aber süßen Weg: Speise-Eis aus der hofeigenen Milch. Unter der Marke „Die Eisbäurin“ entsteht im neuen Eisraum im Almenland regionales Eis mit Kräutern von Wiesen und Garten und Früchten von Bauern aus der Region – ganz ohne Farbstoffe, mit weniger Zucker und umso mehr Geschmack.
Geschult an der Gelato-Universität von Bologna, bringt die zweifache Mutter Sorten wie Maiwipferl-, Holunder- oder Wieseneis auf den Löffel: „Wichtig ist mir immer, den Geschmack der Region einfließen zu lassen.“ Verkauft wird in Hofläden und Gastro-Betrieben, aber auch in ausgesuchten Kaufhäusern und auf regionalen Festen. Mit ihrer Hingabe für Familie, Tiere und regionale Produkte verkörpert Andrea Wiedner so vieles, was eine echte Hofheldin auszeichnet. Und was macht für sie eine moderne Bäuerin aus? „Sie vernetzen und unterstützen sich gegenseitig!“
Mit 18 Jahren den Hof übernommen
Platz zwei ging an Sophie Bretterklieber (23) aus Lannach. „Als ich mit 18 den Hof übernommen habe, hatte ich keinen Plan, nur schlaflose Nächte“, sagt sie. Doch die ausgebildete Floristin hat schnell „den Schalter umgelegt und mein Herz ist explodiert“. In den fünf Jahren seit der Übernahme hat sie den Karnerhof in Lannach (den sie schon mit 8 Jahren nach dem Tod des Vaters erbte) komplett modernisiert.
Sie verbindet den neuen Hofladen mit ihrer Floristik-Werkstatt. Rundherum grasen Rotwild, Freilandschweine und Brillenschafe. Sie verarbeitet deren Fleisch Nose-to-Tail, verwöhnt zusammen mit ihrer Mutter immer mehr Kunden mit dekorierten Jausenplatten und veranstaltet Floristik-Workshops. Zweifelnde Aussagen von Dritten wie „Wie ein Dirndl das alles schaffen will?“ waren für sie stets Ansporn. Umso mehr freut sie sich über Feedbacks wie „Schön, was du aus diesem Hof gemacht hast“.
Ein Motto hat sich in all den Jahren bei der passionierten Traktorfahrerin nicht verändert: „Probier’s einfach aus! Eine Frau kann alles schaffen, wenn sie will.“ Und das reicht weit über den Hof hinaus, etwa als Atemschutzträgerin bei der freiwilligen Feuerwehr oder als Vorzeige-Floristin bei der Berufs-EM EuroSkills 2025 in Dänemark. Als nächstes möchte sie den Karnerhof in einen Erlebnisbauernhof verwandeln, „damit die Kinder wissen, wo ihr Essen herkommt“ – eine Durchstarterin, die so schnell nichts aufhalten kann.
Tagwache um 4 Uhr morgens
An die 38-jährige Hönigsbergerin Sabine Rinnhofer ging der dritte Preis. Am Pichlbauerhof über Mürzzuschlag beginnt der Tag um vier Uhr früh. Da ordnet Sabine Rinnhofer den Tag für Familie und Hof, bevor die Kühe zu melken und die Schweine zu füttern sind, bevor es mit Brotbacken, Hofladen und Verarbeitung von Milch und Fleisch losgeht. Die dreifache Mutter – ihre Zwillinge kamen ein Jahr nach der ersten Tochter zur Welt – ist als Direktvermarkterin, Gemeindebäuerin, Obfrau des Bauernladens „Naturgut Mürz“ eine moderne Netzwerkerin und eine Art Schweizer Taschenmesser des Alltags.
Seit 2015 führt sie mit ihrem Mann den Hof in Hönigsberg mit dem Ziel: „Man sollte alles für eine komplette Jause direkt bei uns kaufen können.“ Deshalb setzt sie auf Vielfalt statt auf Größe – mit Milchvieh, Schweinemast, Brot, Wald und Direktvermarktung. 2019 eröffneten sie den Hofladen, nach dem Motto: „Professionalisieren statt wachsen. Ich will am Produkt bleiben, nicht am Kugelschreiber.“ Die Meisterausbildung absolvierte sie, als sie schon dreifache Mutter war. Sabine Rinnhofer steht für eine neue Generation selbstbewusster Bäuerinnen: Sie sagt Ja zur Putzfrau, Nein zum schlechten Gewissen. „Ich bin mutig und stark, aber sicher nicht perfekt. Und das ist gut so.“
[© LK/Nadja Fuchs]




