Große Probleme mit Schaulustigen

von Karl Brodschneider

Norbert Seidl, neuer Obmann des Steiermärkischen Forstvereines, über Waldbesitzer der dritten Generation und einen gefährlichen Magnet.

NEUES LAND: Der Wald sichert in der Steiermark über 50.000 Vollarbeitsplätze und liefert den rund 40.000 bäuerlichen Waldbesitzern ein wichtiges Zusatzeinkommen. Welche Schwerpunkte werden Sie in ihrer Arbeit setzen?

Obmann Norbert Seidl: Als Steiermärkische Forstverein sehen wir unsere Hauptaufgabe in der Öffentlichkeitsarbeit und somit in der Bewusstseinsbildung im Bereich Forst. Gerade die Funktionen des Waldes haben sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Neben der Nutzwirkung haben die Themen Erholung und Schutz an Bedeutung gewonnen. Außerdem wollen wir unseren knapp 900 Mitgliedern bei kritischen Forstfragen beratend zur Seite stehen.

NL: Steigende Durchschnitts-temperaturen und Wetterextreme wie Starkregen, Sturm oder auch Trockenheit setzen den steirischen Wäldern enorm zu. Wie wird sich die Arbeit der steirischen Forstwirte in den nächsten Jahrzehnten verändern?

Seidl: Wir stehen hier vor einer enormen Herausforderung und wir müssen darauf auch reagieren. Es gibt Lösungsansätze unter anderem in der aktiven Waldbewirtschaftung sowie in der standortangepassten Baumartenauswahl bei Wiederaufforstungen. Doch dabei handelt es sich um sehr langfristige Entscheidungen, bei denen der Waldbesitzer eine große Verantwortung trägt. Denn wenn heute aufgeforstet wird, ernten unsere Enkel.

NL: Forststraßen sind der Arbeitsplatz großer Maschinen und Geräte. Was sagen Sie zur Forderung der generellen Öffnung für Mountainbiker?

Seidl: Die Folgen einer generellen Öffnung von Forststraßen wären fatal, das Sicherheitsrisiko für Mountainbiker viel zu hoch. Deshalb bin ich für die vertragliche Vereinbarung zwischen Sportlern und Grundeigentümern. Dabei kann auch die Haftungsfrage ordnungsgemäß geklärt werden. Doch weit größere Probleme ergeben sich durch das Verhalten von Schaulustigen bei der Waldarbeit. Gerade für Familien mit Kindern sind bei Ausflügen große Rundholzstöße oder Forstmaschinen ein Magnet. Dabei können Unfälle passieren. Auch hier wollen wir aufklären.

NL: Im Jahr 2016 ist der Holz-einschlag in der Steiermark gesunken. Wie möchten Sie Mitglieder motivieren, verstärkt in die Ernte zu gehen?

Seidl: Es gibt das Phänomen von Waldeigentümern der dritten Generation. Das heißt: Der Opa hat den Wald noch aktiv bewirtschaftet, der Vater half dabei und nun hat der Sohn alles geerbt aber durch außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten keine Bindung mehr zum Wald. Allerdings können Waldbesitzer durch die aktuellen Themen Artenvielfalt und Klimaschutz durchaus wieder zur Bewirtschaftung ihrer Wälder bewegt werden.

NL: Wie sehen Sie die oft diskutierte Wald-Wild-Problematik in der Steiermark? Gibt es Lösungsansätze?

Seidl: Hier steht für mich der Dialog zwischen Waldbesitzer und Jäger im Vordergrund, wie in der Mariazeller Erklärung festgehalten ist. Eine sachliche Diskussion und das miteinander reden kann viele Probleme lösen.

NL: Im Steiermärkischen Forstverein hat die Weiterbildung einen besonders hohen Stellenwert. Welche Aktivitäten sind hier geplant?

Seidl: Wir setzen auf Bewusstseinsbildung. Neben der Jahreshaupttagung mit spannenden Referenten werden auch Exkursionen und Regionalseminare für die Mitglieder abgehalten. Das große Waldfest am Grazer Hauptplatz und die Vereinszeitung ,Grüner Spiegel‘ runden das ab.

Zur Person:

Norbert Seidl wurde 1968 in Friesach geboren. Er absolvierte die Forstschulen Waidhofen und Bruck. Seidl studierte an der BOKU Forst- und Holzwirtschaft und ist seit 2008 Leiter der Bezirksforstinspektion Deutschlandsberg. Seidl ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und betreibt einen Mutterkuhbetrieb in Maria Lankowitz.

 

Foto: Steiermärkischer Forstverein

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