Erntebilanz 2017: Klimawandel schädigt Ernte

von NEUES LAND

Präsident Franz Titschenbacher: Wasser ist die Zukunftsfrage für die Landwirtschaft – Bauern brauchen einen raschen und unbürokratischen Zugang zum Wasser.

Klimawandel trifft Bauern hart: Spätfröste, Trockenheit, fünf Hitzewellen und Überschwemmungen. „Der Klimawandel zeigte der Landwirtschaft auch 2017 wieder seine grimmigen Gesichter. Die massiven Spätfröste Ende April haben im Obstbau erneut sehr große Ernteausfälle verursacht. Und die Trockenheit sowie die fünf Hitzewellen haben auch das Grünland an exponierten Lagen nachhaltig geschädigt, auf den sandig-schottrigen Böden im Murtal von Graz bis Radkersburg hat Mais sehr gelitten. Die Südostecke der Steiermark kristallisiert sich immer mehr zum Trockenheitshotspot der Steiermark heraus“, unterstreicht Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher. Und weiter: „Es geht um die Zukunft der Landwirtschaft, insbesondere der heimischen Obst-, Wein-, Gemüse- und Gartenbaubetriebe. Ein rascher und unbürokratischer Zugang zum Wasser für die Frostberegnung und zur Trockenheitsbewässerung hat höchste Priorität. Und für die Bevölkerung geht es darum, dass sie trotz Hitze, Dürre und Frost verlässlich mit heimischen Lebensmitteln versorgt wird.“

Durch Frost wieder große Ernteausfälle bei Obst. Bereits zweimal in Serie haben die Spätfröste die heimischen Obstbauern in voller Härte getroffen. Die Apfelbauern werden nach dem Katastrophenjahr 2016 auch heuer nur eine gute halbe Ernte eines Normaljahres haben, was sie nach den schwierigen Jahren zuvor, vor große wirtschaftliche Herausforderungen stellt. Sehr starke frostbedingte Einbußen gab es auch bei Kirschen, Zwetschken, Erdbeeren, Marillen und Pfirsichen, auch die Holunderfrühsorten haben gelitten. Gut ist die Stimmung hingegen bei den Weinbauern, die nach der frostbedingten Miniernte des Vorjahres heuer die zweitgrößte Weinernte der Steiermark einfahren werden – allerdings startete die Lese wegen der klimawandelbedingten Hitze bereits drei Wochen früher. Zu den Lichtblicken bei der Ernte gehören auch der steirische Ölkürbis sowie die Käferbohnen. Für die Gemüsebauern wiederum waren Frost und Hitzewellen eine große Herausforderung. Zum Hagel: Im Juni, Juli und August verursachten schwere Hagelunwetter einen Schaden von 17 Millionen Euro (2016: 20 Millionen Euro).

Umfrage der Landwirtschaftskammer: Verbesserte Wasserversorgung ist notwendig! „Der fehlende Zugang zum Wasser, die hohen Investitionskosten und die bürokratischen Hürden bei der Umsetzung von Bewässerungsprojekten zählen zu den größten Problemen der Obst-, Wein-, Gemüse-, Gartenbau- und Saatmaisbauern“, zitiert Präsident Franz Titschenbacher ein zentrales Ergebnis der Umfrage der Landwirtschaftskammer unter den Spezialkulturproduzenten (n=430). Mehr als 62 Prozent der befragten Betriebe geben an, in den nächsten Jahren Bewässerungsprojekte in Angriff nehmen zu müssen, um die Produktion zu sichern. Überlegt werden dabei in erster Linie Speicherbecken-Lösungen zur Frostberegnung und Bewässerung (70 Prozent). Konkret überlegen die Befragten rund 900 Hektar Obst (Gesamtfläche: 7.642 Hektar), 300 Hektar Gemüse (1.661 Hektar) und 600 Hektar Spezialkulturen wie Kürbis oder Saatmais bewässern zu wollen. Titschenbacher: „Um bei Frost oder Dürre die Ernte retten und die Lieferverträge mit den Handelsketten und Abnehmern einhalten zu können, brauchen die heimischen Bauern, insbesondere die Obstbauern sowie Produzenten von Spezialkulturen wie beispielsweise von Gemüse, Käferbohnen, Kren oder Saatmais einen einfacheren, unkomplizierten und prioritären Zugang zum Wasser.“

Brugner: Strategien gegen Klimawandel. „Mit den Erkenntnissen aus der Spätfrostbekämpfung der vergangenen zwei Jahre unterstützt auch unser Beratungsdienst die Landwirte. Dazu gehören mittel- und langfristige Bekämpfungsstrategien wie die Bereitstellung von Wasser für die Frostberegnung und Bewässerung ebenso wie die Bewindung oder das Räuchern“, unterstreicht Kammerdirektor Werner Brugner. Gemeinsam mit den zuständigen Dienststellen des Landes Steiermark, Forschungseinrichtungen wie Raumberg-Gumpenstein, dem Wegener Zentrum und dem JoanneumResearch arbeitet die Landwirtschaftskammer am vom Land Steiermark beauftragten „Masterplan Klimarisiko-Management Landwirtschaft“ mit.

Klimafitter Ackerbau mit Hirse, Soja, Begrünungen. „Die zunehmende Klimaveränderung erfordert auch noch mehr Flexibilität im Ackerbau. Die Verschiebung der Niederschlagsverteilung und -menge sowie der Temperatursummen verlangt nach einer Neuorientierung im Kulturartenspektrum“, unterstreicht Kammerdirektor Werner Brugner. Mit dem vermehrten Anbau von trockenheitstoleranterer Hirse als Alternative zu Mais wird dieser Weg bereits eingeschlagen. Der verstärkte Anbau von gentechnikfreier Sojabohne verbessert die Eigenversorgung der steirischen Landwirtschaft mit GVO-freien Eiweißfuttermitteln und hilft die Fruchtfolgen aufzulockern. „Durch intensive Bemühungen in der Züchtungstätigkeit der Saatzucht Gleisdorf und anderer Firmen wird die Verdaulichkeit des Proteins der Sojabohne verbessert und dadurch diese Kultur zunehmend interessant“, so Brugner. Auch Begrünungen, die den Humusaufbau auf den steirischen Ackerböden forcieren und eine interessante Bienenweide sind, werden verstärkt angebaut. Brugner: „Die Landwirtschaftskammer unterstützt die Bauernhöfe auch mit Erkenntnissen aus ihrer intensiven Versuchstätigkeit, um auf klimabedingte Fragen gesicherte Antworten geben zu können.“ Als weiteren wichtigen Beitrag für einen klimafitten Ackerbau erstellt die Landwirtschaftskammer eine Landkarte als Entscheidungshilfe, welche Kulturen ohne Bewässerung angebaut werden können. „Erste Vorarbeiten dazu sind bereits erfolgt“, schloss Brugner.

 

Foto: LK/Alexander Danner

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