Die Werte sind aus dem Lot

von Franz Tonner

Lebensmittel, Lebensraum und Lebensqualität – das bieten unsere Bauern der Bevölkerung. Zum Überleben brauchen sie faire Preise.

 

Lebensmittel sind wohl das kostbarste Gut, das wir haben. Sie sind die Mittel zum Leben, sorgen für Genuss und Wohlbefinden. Da Lebensmittel für jedermann notwendig sind, müssen sie auch leistbar sein. Und hier beginnt der offensichtliche Widerspruch zwischen Produzenten, Konsumenten und Handel. Solange Lebensmittel im Überfluss am Markt vorhanden sind, orientieren sich die Erzeugerpreise an den Weltmarktpreisen und nicht an den tatsächlichen Produktionskosten. Das löst wiederum einen Verdrängungswettkampf aus, an dessen Ende „Wachsen oder Weichen“ steht. Dieser Preiskampf geht meist zu Lasten von Umwelt- und Tierschutzauflagen und von sozialen Standards.

Bauernbundobmann Landesrat Hans Seitinger kämpft für seine Bauern: „Unsere heimischen Bauern produzieren auf höchstem Niveau unter schwierigsten Bedingungen, mit umfassenden Umweltauflagen und nach den wahrscheinlich strengsten Tierschutzregeln weltweit. Trotzdem werden von militanten Tierschutzorganisationen, aber auch von politischen Mitbewerbern immer wieder weitreichende Auflagen verlangt, die nur dazu führen, dass unsere Bauern die Stalltüren für immer schließen müssen. Und wenn dann die heimischen Bauern die Nachfrage nicht mehr bedienen können, werden die Produkte aus dem Ausland importiert, aber da sind dann die Standards egal, zu denen produziert wird. Wo bleibt die Fairness, wenn Bauernfamilien für Produkte höchster Qualität keine kostendeckenden Preise erzielen, gleichzeitig der Konsument aber mit Höchstpreisen konfrontiert ist? Da ist die Wertschöpfungskette vom Bauern bis zum Handel gehörig aus dem Lot geraten. Daher brauchen wir noch stärkere bäuerliche Organisationen um faire Preise erzielen zu können. Nur so kann die Versorgungssicherheit mit hochqualitativen Lebensmitteln und die flächendeckende Bewirtschaftung unserer schönen Kulturlandschaft auch für die Zukunft sichergestellt werden.“

In Zukunft muss der Kampf für faire Preise und die klare Produktkennzeichnung noch stärker angelegt werden. Im Frischebereich funktioniert die Kennzeichnung mit dem AMA-Gütesiegel gut, hängt im Verarbeitungsbereich jedoch hinten nach. „Es geht vor allem um Bewusstseinsbildung für die Gesellschaft, denn die Konsumenten entscheiden mit ihrem Kaufverhalten darüber, wie die Landwirtschaft in Zukunft in unserer Heimat ausschauen wird“, appelliert Simone Schmiedtbauer, Direktvermarkterin und Bürgermeisterin in Hitzendorf an die Konsumenten. Jeder Griff zu einem Lebensmittel ist ein weiterer Produktionsauftrag für einen heimischen Bauern oder eben für einen ausländischen – der Kunde entscheidet!

Die Bauern leiden neben den niedrigen Preisen vor allem an der Wertigkeit, die ihren Produkten entgegengebracht wird. Nach der „Geiz ist geil“ – Mentalität dürfen Lebensmittel nichts kosten und müssen zu jeder Zeit in bester Qualität vorhanden sein. „Wenn die Arbeiterkammer bei ihren Preisvergleichen wieder Äpfel mit Birnen verwechselt und somit die Lebensmittel in Österreich als viel zu teuer anprangern will, dann sollten wir nicht vergessen, dass gerade einmal elf Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben wird.

In den 1970er-Jahren wurden noch 33 Prozent und in den 1950er-Jahren sogar 50 Prozent für Lebensmittel ausgegeben“, sieht Kammerpräsident Franz Titschenbacher einen Mangel an Wertschätzung.

Die Bauern sind bereit, die Wünsche der Konsumenten zu befriedigen, aber nur, wenn dafür auch ein gerechter Preis bezahlt wird. Es ist eine Frage der Fairness, jene, die für die Lebensqualität der Menschheit verantwortlich sind, auch fair zu entlohnen.

 

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